Stellungnahme
KRiStA – Netzwerk
Kritische Richter und Staatsanwälte n.e.V.
17. März 2022
zur öffentlichen Anhörung von Sachverständigen in Berlin am 21. März 2022, 10:00 bis
13:00 Uhr zum Thema „Impfpflicht“
a) Entwurf
eines Gesetzes zur Aufklärung, Beratung und Impfung aller Volljährigen gegen SARS-CoV-2
(SARSCovImpfG), BT-Drucksache 20/899,
b) Entwurf
eines Gesetzes zur Einführung einer verpflichtenden Impfberatung für Erwachsene und einer altersbezogenen
Impfpflicht ab 50 Jahren unter Vorbehalt gegen das Coronavirus SARS-CoV-2, BT-Drucksache 20/954,
c) Antrag
„Impfvorsorgegesetz – Ein guter Schutz für unser Land“, BT-Drucksache 20/978,
d) Antrag
„Keine gesetzliche Impfpflicht gegen das COVID-19-Virus”, BT-Drucksache 20/516,
e) Antrag „Impfbereitschaft ohne allgemeine Impfpflicht gegen SARS-CoV-2 erhöhen”,
BT-Drucksache 20/680
* * *
Unvereinbarkeit
der Impfpflicht mit den COVID-19-Impfstoffen
mit dem Grundgesetz sowie mit bindendem
Völkerrecht
Die Stellungnahme zeigt auf, dass die in den oben genannten Gesetzentwürfen bzw. in dem Antrag geplante Impfpflicht – sei es eine
allgemeine oder eine auf Vorrat oder
beschränkt auf bestimmte Altersgruppen – mit dem Grundgesetz und bindendem Völkerrecht nicht vereinbar ist.
Bei dem festzustellenden Verstoß gegen des Grundgesetz wird der Schwerpunkt der Darstellung auf eine bislang
wenig beachtete Problematik
gelegt, nämlich auf den Umstand, dass der
Staat mit einer Impfpflicht
vorsätzlich Menschen tötet – wenn auch im Verhältnis zur Gesamtzahl der Impfungen in geringer Zahl. Dies ist mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes unvereinbar (I.). Im völkerrechtlichen Bereich werden Verstöße
gegen die Europäische
Menschenrechtskonvention und den Internationalen
Pakt über bürgerliche und politische Rechte aufgezeigt (II.).
I.
Verstoß gegen das Grundgesetz
1.
Verstoß gegen
das Recht auf Leben nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in Verbindung mit der Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs.
1 GG
Die Impfung verursacht unvermeidbar als Nebenwirkung auch den Tod von Menschen.
Todesfälle sind mittlerweile zahlreich erfasst.1 Weitere
Verdachtsmeldungen sind in ihrer Anzahl alarmierend. So verzeichnet das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) in seinem Sicherheitsbericht vom 7.2.2022 bis zum 31.12.2021 die Anzahl von 2.255 Verdachtsfallmeldungen über einen
tödlichen Ausgang der Impfung.2 Kürzlich hat auch das Bundesverfassungsgericht diesen Umstand in seiner Entscheidung zur einrichtungsbezogenen
Nachweispflicht anerkannt.3 Da von einer Impfpflicht Millionen von Menschen betroffen wären, die
ausschließlich aufgrund der staatlichen Anordnung diesen medizinischen Eingriff an sich erdulden
müssten, steht fest, dass allein wegen dieser Verpflichtung unter
ihnen Todesfälle zu beklagen wären.
Aus rechtlicher Sicht auf den Punkt
gebracht: Mit der Anordnung der Impfpflicht tötet der Staat vorsätzlich
Menschen.
Juristisch ist es dabei
ohne Bedeutung, dass zum Zeitpunkt
der Anordnung noch nicht feststeht, wer als individualisierte Person hiervon betroffen
sein wird. Im Übrigen – in Bezug
auf die ungleich größere Gruppe der allermeisten Menschen, die eine derartige Nebenwirkung nicht erleiden – handelt es
sich um eine versuchte Tötung; denn
es liegt zumindest Eventualvorsatz vor
(dolus eventualis). Dieser ist dann gegeben, wenn der Handelnde den Tod eines Menschen – wenn
auch fernliegend und unliebsam – für möglich
hält, sich aber zur Erreichung eines anderen Zieles damit abfindet,
indem er dennoch – hier in Form des Gesetzeserlasses – handelt.4 Hier sind die Todeseintritte sogar nicht nur möglich, sondern statistisch sicher.
Diese dogmatische Bewertung
ist bis hierhin (auf der Ebene des Tatbestandes des Totschlages nach § 212 StGB) in der
Rechtsprechung Konsens, vorausgesetzt
es handelte sich bei dem Anordnenden um einen Menschen.
Der Umstand, dass es sich um „den Gesetzgeber“ oder den hierfür
stimmenden Parlamentsabgeordneten handelt,
lässt deren
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1
Beispielsweise schätzt der Heidelberger Pathologe
Prof. Schirmacher aufgrund von ihm durchgeführten
Obduktionen den Anteil der an der Impfung Verstorbenen bei den Verdachtsfällen auf 30-40 % (https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/126061/Heidelberger-Pathologe-pocht-auf- mehr-Obduktionen-von-Geimpften).
2
Paul-Ehrlich-Institut, Sicherheitsbericht, Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach Impfung zum Schutz vor COVID-19 seit Beginn der Impfkampagne am 27.12.2020 bis zum 31.12.2021, S. 9 (https://www.pei.de/SharedDocs/Downloads/DE/newsroom/ dossiers/sicherheitsberichte/sicherheitsbericht-27-12-20-bis-31-12-21.pdf? blob=publicationFile&v=5, abgerufen
am 15.3.2022).
3
BVerfG, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 10. Februar 2022 – 1 BvR 2649/21
–, juris Rn. 16.
4
Vgl. z.B. MüKoStGB/Joecks/Kulhanek, 4. Aufl. 2020,
StGB § 16 Rn. 59 m.w.N.
Handeln wegen ihrer im Grundgesetz verankerten Bindung an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) in einem noch
bedeutsameren Licht erscheinen.
Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob Tötungen von
Menschen gerechtfertigt sein könnten, um andere Rechtsgüter zu
schützen. Diese grundlegende Fragestellung hat das Bundesverfassungsgericht in seinem wegweisenden Urteil zum Luftsicherheitsgesetz beantwortet. Hieraus ergibt sich,
dass derartige Eingriffe mit dem Recht auf Leben nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in Verbindung
mit der Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG nicht vereinbar sind.5
Mit diesem Urteil hatte das Bundesverfassungsgericht über
eine Verfassungsbeschwerde entschieden, die sich gegen die Ermächtigung der Streitkräfte durch das Luftsicherheitsgesetz richtete,
Luftfahrzeuge, die als Tatwaffe von Terroristen gegen das Leben von Menschen
eingesetzt werden sollen,
mit Waffengewalt abzuschießen. Bundestag und Bundesregierung hatten in diesem Verfahren das Gesetz verteidigt. Die Bundesregierung vertrat
dabei die Auffassung, der Staat erfülle
mit dem Luftsicherheitsgesetz seine Schutzpflicht gegenüber dem Leben.
Träten das Lebensrecht des einen und
das Lebensrecht des anderen zueinander in Konflikt, sei es Aufgabe des Gesetzgebers, Art und Umfang des
Lebensschutzes zu bestimmen (sprich: gegebenenfalls auch über die Tötung von Menschen zu entscheiden). Die Bundesregierung vertrat
die absurde Auffassung, die (unschuldigen) Insassen
des von einem Abschuss betroffenen Flugzeuges würden in ihrer Menschenwürde geachtet.6
Konnte man diese Aussagen als Zeichen einer bedenklichen Erosion
des Menschenwürdebegriffs verstehen, hat das Bundesverfassungsgericht dem seinerzeit eine klare Absage
erteilt und festgehalten:7
„Eine solche
Behandlung missachtet die Betroffenen als Subjekte mit Würde und unveräußerlichen Rechten. Sie werden
dadurch, dass ihre Tötung als Mittel zur Rettung
anderer benutzt wird, verdinglicht und zugleich entrechtlicht; indem über ihr Leben von Staats wegen einseitig
verfügt wird, wird den als Opfern selbst schutzbedürftigen
Flugzeuginsassen der Wert abgesprochen, der dem Menschen um seiner selbst
willen zukommt.“
Aus diesen Grundsätzen folgt, dass eine Impfpflicht mit den
gegenwärtig zugelassenen COVID-19-Impfstoffen
mit dem Recht auf Leben nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in Verbindung mit der Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG
unvereinbar ist.
Denn der bedeutsamste vom Gesetzgeber angeführte8
Zweck der Impfpflicht ist, andere Menschenleben zu schützen.9 Die Betroffenen aber werden in Bezug auf die Impfung
als
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5
BVerfG, Urteil vom 15. Februar
2006 – 1 BvR 357/05
–, BVerfGE 115, 118-166.
6
BVerfG, Urteil vom 15. Februar
2006 – 1 BvR 357/05
–, juris Rn. 54.
7
BVerfG, Urt. vom 15. Februar
2006 – 1 BvR 357/05
–, juris Rn. 122.
8
Im Folgenden wird unterstellt, dass die derzeit
verfügbaren COVID-19-Impfstoffe überhaupt noch nennenswerten Fremdschutz gegen die vorherrschenden Virus-Varianten vermitteln – eine Unterstellung,
gegen die sich vielfältige Bedenken erheben, die aber nicht Gegenstand dieser
primär juristischen Abhandlung sein soll.
9
Regelmäßig wird auch der Zweck angeführt, eine
„Überlastung des Gesundheitssystems“ zu
vermeiden. Dabei handelt es sich
im hier betrachteten Kontext
nicht um einen legitimen Zweck
im
Objekt behandelt. In ihnen wird lediglich eine Gefahr für
andere Menschen gesehen, die es auszuschalten oder zu reduzieren gilt. Hierdurch werden die betroffenen Menschen verdinglicht
und zugleich entrechtlicht, indem über ihr Leben durch den Staat einseitig verfügt wird. Dabei macht es keinen
Unterschied, wenn nur eine geringe Anzahl der von der Impfpflicht betroffenen Menschen im Ergebnis zu Tode kommt.
Denn jeder einzelne von ihnen ist Träger
des Grundrechts, welches ihm final
genommen wird.
Diesem zugrunde liegt die von Dürig begründete und vom
Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung angewendete „Objektformel“, wonach es der menschlichen Würde widerspricht, den Menschen – wie
hier – zum bloßen Objekt staatlichen Handelns zu machen.10
Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass die
Impfung auch dem Eigenschutz der Geimpften diene. Selbstredend
nützt den betroffenen Grundrechtsträgern die Impfung nichts, denn ihnen wurde das Leben genommen. Abgesehen davon ist
anerkannt, dass in unserer Gesellschaft jeder das Recht auf Eigengefährdung hat,
bis hin zu einer Todesgefahr.11 So sind
beispielsweise Risikosportarten, Rauchen, schlechte Ernährung und übermäßiger Stress erlaubt und
gesundheitsförderndes Verhalten wie Bewegung an der frischen Luft wird nicht per Gesetz angeordnet. Letztlich ist es
wegen der Absolutheit der Menschenwürde dem Staat auch versagt, die Anzahl der Menschenleben der von ihm Getöteten
gegen die Anzahl der Menschenleben der möglicherweise vor dem Tod durch COVID-19
Geretteten aufzurechnen.
Anders hat das Bundesverfassungsgericht den Fall beurteilt,
wenn sich in dem Flugzeug ausschließlich Angreifer befinden. Hierzu hat es festgestellt:12
„Wer, wie diejenigen, die ein Luftfahrzeug als Waffe zur
Vernichtung menschlichen Lebens
missbrauchen wollen, Rechtsgüter anderer rechtswidrig angreift, wird nicht als bloßes Objekt staatlichen Handelns in seiner Subjektqualität grundsätzlich in Frage gestellt […],
wenn der Staat sich gegen den rechtswidrigen Angriff zur Wehr setzt und ihn in Erfüllung
seiner Schutzpflicht gegenüber
denen, deren Leben ausgelöscht
werden soll, abzuwehren versucht. Es entspricht im Gegenteil gerade der Subjektstellung des Angreifers, wenn
ihm die Folgen seines selbstbestimmten Verhaltens
persönlich zugerechnet werden und er für das von ihm in Gang gesetzte Geschehen in Verantwortung genommen wird.
Er wird daher in seinem Recht auf Achtung der auch ihm eigenen menschlichen Würde nicht beeinträchtigt.“
Dass bei der aktuell zu erlebenden rhetorischen Eskalation
gegenüber nicht gegen COVID-19 geimpften Menschen
in Politik und Gesellschaft diese bei der Frage des Inhalts ihres Würdeanspruchs nicht ansatzweise mit Terroristen gleichgesetzt werden können, bedarf
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Sinne des Grundgesetzes, da
„das Gesundheitssystem“ an sich hiervon nicht geschützt ist. Es kann immer nur insbesondere um den Schutz
des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit gehen.
10
Vgl. BVerfG, Urteil vom 21. Juni 1977 – 1 BvL 14/76
–, BVerfGE 45, 187, juris Rn. 145; BVerfG, Beschluss
vom 16. Juli 1969 – 1 BvL 19/63 –, BVerfGE 27, 1, juris Rn. 20; BeckOK
GG/Hillgruber, 50. Ed. 15.2.2022, GG Art.
1 Rn. 13 m.w.N.
11
Vgl. z.B. BVerfG,
Beschluss vom 21. Dezember 2011 – 1 BvR 2007/10
–, juris Rn. 17 m.w.N.
12
BVerfG, Urt. vom 15. Februar
2006 – 1 BvR 357/05
–, juris Rn. 140.
keiner weiteren Begründung. Andernfalls wäre dies ein
Zeichen des vollständigen Verlustes der Kategorie der Menschenwürde in der Pandemie.
Ergänzend: Bei den Betroffenen, bei denen es „nur“ zu schwerwiegenden, bleibenden gesundheitlichen Schädigungen und Behinderungen kommt, lässt
sich mit guten Gründen ebenfalls eine
Verletzung der Menschenwürde annehmen. Denn auch ihnen wird großes Leid zugefügt, um andere vor Erkrankung oder Tod zu schützen, womit sie ebenso zu Objekten staatlichen Handelns werden.
2.
Weitere Verstöße gegen das Grundgesetz
Eine Impfpflicht verstößt gegen weitere Grundrechte, so
unter anderem gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit in Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG, das Recht auf Glaubens-
und Gewissensfreiheit (Art.
4 Abs. 1, 2 GG), das Erziehungsrecht der
Eltern (Art. 6 Abs. 2 GG), das Recht der Berufsfreiheit (Art.
12 Abs. 1 GG) und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG).
Hinsichtlich der für diese juristische Bewertung erforderlichen medizinischen, mikrobiologischen, epidemiologischen und statistischen
Feststellungen wird verwiesen auf die fundierte
und ausführliche Ausarbeitung der Gruppierung „7 Argumente“, eine Arbeitsgemeinschaft von 81 Wissenschaftlern, – „Eine COVID-19-Impfpflicht ist verfassungswidrig“ vom 9. März 2022.13
Wegen der rechtlichen Ausführungen wird auf das kürzlich
erschienene Gutachten von Prof. Dr. Dr. Boehme-Neßler „Ist eine allgemeine Impfpflicht gegen das SARS-CoV-2 verfassungsgemäß?“ vom 13. März 2022 verwiesen.14
Zudem wird Bezug genommen auf das fundierte
Gutachten von Prof. Dr. Murswiek, „Freiheitseinschränkungen
für Ungeimpfte, Die
Verfassungswidrigkeit des indirekten COVID-19-Impfzwangs“ vom 4. Oktober
2021, das auch ausführlich die zugrundeliegenden u.a. medizinischen und epidemiologischen Tatsachen
einbezieht.15
II.
Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (UN- Zivilpakt)
Eine wie auch immer geartete
Impfpflicht mit den zurzeit in Deutschland verfügbaren Impfstoffen gegen COVID-19
verstößt gegen mehrere
Artikel der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK)16 und des
Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte
(UN-Zivilpakt).17 Die Bundesrepublik Deutschland hat die EMRK am
13
https://7argumente.de/
14
https://individuelle- impfentscheidung.de/fileadmin/Downloads/Rechtsgutachten_Allgemeine_Impfpflicht_13.03.22.pdf
15
https://impfentscheidung.online/wp-content/uploads/2021/10/Gutachten-Die- Verfassungswidrigkeit-des-indirekten-Corona-Impfzwangs.pdf
16
Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK),
ETS No. 005.
17
International Covenant on Civil and Political Rights
(ICCPR), United Nations
Treaty Series (UNTS),
Vol.999, S. 171.
5. Dezember 1952 ratifiziert, welche am 3. September 1953 in Kraft trat und über ein Zustimmungsgesetz ins deutsche Recht integriert wurde.18 Gleiches gilt für den UN- Zivilpakt,
den die Bundesrepublik am 17. Dezember 1973 ratifiziert hat und der am 23. März 1976 in Kraft trat.19 Deutsches
Recht muss in Übereinstimmung mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland, die sich sowohl
aus der EMRK als auch dem UN-Zivilpakt ergeben, interpretiert und angewandt werden.20
Einige der Verletzungen
werden im Folgenden behandelt: der Verstoß
gegen das Verbot, die Teilnahme an medizinischen oder
wissenschaftlichen Experimenten zu erzwingen (1.), Verletzungen des Rechts auf körperliche und geistige
Unversehrtheit (2.) und Verletzungen des Rechts
auf Leben (3.).
1.
Verbot, die Teilnahme an
medizinischen oder wissenschaftlichen Experimenten zu erzwingen, Artikel
7 Satz 1 des UN-Zivilpakts
Artikel 7 des UN-Zivilpakts beinhaltet in Satz 1 das Verbot der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung. In Satz 2 stellt
der Artikel zudem explizit heraus: „Insbesondere darf niemand ohne seine
freiwillige Zustimmung medizinischen oder wissenschaftlichen Experimenten unterworfen werden.“ Die Verfasser des UN- Zivilpakts fügten diesen Satz mit der Intention ein, um zu verhindern, dass sich
„Gräueltaten wie die in den Konzentrationslagern während
des Zweiten Weltkriegs wiederholen,“21 und um durch diese spezifische Klarstellung die große Wichtigkeit des Verbots hervorzuheben, auch auf die Gefahr hin, dass sie das Verbot aus Satz 1 wiederholten, das implizit bereits ein
Verbot der erzwungenen Teilnahme an medizinischen oder wissenschaftlichen
Experimenten einschlösse.22
Der besondere Stellenwert der Verbote in Artikel 7
UN-Zivilpakt zeigt sich daran, dass sie absolut sind. Sie können also unter keinen Umständen eingeschränkt werden.
Auch die Tatsache, dass Artikel 7 ein notstandsfester Artikel ist, gibt zusätzliches Gewicht.23 Das bedeutet,
dass Vertragsstaaten selbst im Falle eines nach Artikel 4 UN-Zivilpakt amtlich ausgerufenen Notstands, der „das Leben der
Nation bedroht“24 ihre Verpflichtungen aus Artikel 7 nicht außer Kraft setzen können.
Sogar in Kriegszeiten gilt das Verbot,
wie aus
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18 BGBl 1952 II, S. 685.
19 BGBl 1973 II, S. 1533.
20
BVerfGE 74, 358 (370), Entscheidung vom 26. März
1987; BVerfGE 111, 307 (317); BVerfGE 131, 286
(295).
21
UN General Assembly, Official Records, Annotations
on the text of the draft International Covenant
on Civil and Political Rights, UN Doc A/2929, 1. Juli 1955, S. 31, § 14 (eigene
Übersetzung). Original: ‘14. The
second clause of the article was intended to prevent the recurrence of
atrocities such as those committed in concentration camps during the Second World War. One opinion was that
improper medical or scientific experimentation was implicitly prohibited in the
first clause, but another view was that the text of that clause was not sufficiently precise to prevent
such experiments. It was finally
agreed that the matter was so important as to require a specific provision, even
at the risk of repetition.’
22
Ebed.
23
Siehe Artikel 4 Abs. 2 UN-Zivilpakt. Parallel
dazu auch: Artikel
15 Abs. 2 EMRK.
24
Artikel 4 Abs. 1 UN-Zivilpakt.
zahlreichen völkervertrags- und gewohnheitsrechtlichen Bestimmungen des in bewaffneten Konflikten anwendbaren humanitären Völkerrechts hervorgeht.25
Das Verbot der zwangsweisen Teilnahme
an medizinischen oder wissenschaftlichen Experimenten ist im verbindlichen
Übereinkommen über Menschenrechte und Biomedizin (Oviedo-Konvention) des Europarats von 199726 und dessen Zusatzprotokoll Forschung von 200527
sowie in unverbindlichen internationalen Erklärungen wie beispielsweise der Allgemeinen Erklärung über Bioethik
und Menschenrechte28 von 2005 sowie dem Nürnberger Kodex29 von 1947 näher ausgeführt und interpretiert. Letzteren
haben insbesondere US-Gerichte als Teil des für alle Staaten verbindlichen Völkergewohnheitsrechts anerkannt.30
Um eine Verletzung von Artikel 7 UN-Zivilpakt zu vermeiden,
erfordert die Teilnahme an wissenschaftlichen oder medizinischen Experimenten die freiwillige Einwilligung nach gründlicher Aufklärung.31
Insbesondere der erste Grundsatz des Nürnberger Kodex hebt hervor, dass die „freiwillige Zustimmung
der Versuchsperson absolut unerlässlich“
für die Teilnahme an medizinischen
oder wissenschaftlichen Experimenten ist.32 So muss jeder, der an so einem Experiment teilnimmt,
zuvor in angemessener Weise über Zweck und Art des
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25
Artikel 12 und 50 Genfer Abkommen vom 12. August
1949 zur Verbesserung des Loses der Verwundeten
und Kranken der Streitkräfte im Felde
(I. Genfer Abkommen), 75 UNTS 31; Artikel 12 und 51 Genfer Abkommen vom 12. August 1949 zur Verbesserung des Loses der Verwundeten, Kranken und Schiffbrüchigen der
Streitkräfte zur See (II. Genfer Abkommen), 75 UNTS 85; Artikel 13 und 130 Genfer Abkommen vom 12. August
1949 über die Behandlung der Kriegsgefangenen (III. Genfer Abkommen), 75 UNTS 135; Artikel 32 und 147 Genfer
Abkommen vom 12. August 1949 zum Schutz
von Zivilpersonen in Kriegszeiten (IV. Genfer Abkommen), 75 UNTS 287; Artikel
11 Abs. 2 Buchstabe b Zusatzprotokoll
I vom 8. Juni 1977 zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter
Konflikte (Protokoll I), 1125 UNTS 3; und Artikel 5 Zusatzprotokoll vom 8. Juni 1977 zu den Genfer Abkommen vom 12.
August 1949 über den Schutz der Opfer
nicht internationaler bewaffneter Konflikte (Protokoll II), 1125 UNTS 609;
Regel 92, Datenbank des IKRK zu den Regeln des
humanitären Völkergewohnheitsrechts.
26
Übereinkommen über Menschenrechte und Biomedizin
(Oviedo-Konvention), ETS 164, 1997. 29
der 47 Mitgliedstaaten des Europarats haben die Oviedo-Konvention ratifiziert,
Deutschland indes bislang noch nicht.
27
Zusatzprotokoll über Biomedizinische Forschung, CETS 195, 2005. (12 Ratifikationen; 11 Unterzeichnungen). Deutschland hat das Protokoll nicht
ratifiziert.
28
UNESCO, Allgemeine Erklärung über Bioethik und
Menschenrechte, verabschiedet von der UNSECO Generalkonferenz am 19. Oktober 2005.
29
Nürnberger Kodex (1947).
Der Kodex ging aus dem Nürnberger Ärzteprozess des US- Militärgerichtshofs hervor und enthält
10 Prinzipien für die Durchführung medizinischer Experimente.
30
Siehe z.B. Rabi
Abdullahi et al. v. Pfizer, Inc., US Court of Appeals for the Second
Circuit, 562 F.3d (2009); Grimes/Higgins v. Kennedy Krieger Institute,
Maryland Court of Appeals, 366 Md 29; 782 A2d 807 (2001).
31
Artikel 7 (Satz 2) UN-Zivilpakt; Artikel 16
Oviedo-Konvention; Art. 24 Zusatzprotokoll zur
Oviedo-Konvention; Art. 6 (2) UNESCO-Erklärung über Bioethik und
Menschenrechte; EGMR, Bataliny gegen Russland, Nr. 10060/07, 23.
Juli 2015, § 90, in welchem der EGMR eine Verletzung von Artikel 3 EMRK feststellte, ausgelöst
durch erzwungene Teilnahme
(d.h. ohne freie und informierte Zustimmung) an Experimenten mit neuen antipsychotischen Medikamenten, die nicht für die allgemeine Anwendung zugelassen waren.
32
Nürnberger Kodex, Prinzip I; UN-Sondergesandter zum
Recht auf Gesundheit, Bericht zu informierter Einwilligung, A/64/272, 10. August 2009, § 35 (“Informed consent of participants is imperative
for conducting medical
research“).
Verfahrens sowie über dessen Folgen und Risiken informiert
werden33 und darf dabei keiner Art von Zwang, Täuschung, Anreiz oder
anderer Art von Druck ausgesetzt werden.34 Der Aufklärungsprozess sollte zudem ein kontinuierlicher sein, d.h. Teilnehmer an wissenschaftlichen oder medizinischen Experimenten sollten fortwährend über neue Risiken,
mögliche negative Folgen und Unsicherheiten informiert werden.35 Freie Zustimmung beinhaltet auch das Recht, die Teilnahme
an medizinischen Experimenten abzulehnen36 und die
Einwilligung jederzeit zu widerrufen.37
Die zurzeit in
Deutschland verfügbaren Impfstoffe gegen COVID-19 –
von Pfizer/BioNTech (Corminaty), von Moderna (Spikevax), von AstraZeneca (Vaxzevria), von Johnson & Johnson (COVID-19 Vaccine
Janssen) und von Novavax (Nuvavoxid) – müssen als experimentell bezeichnet werden. Ihnen wurde von der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) nur eine
bedingte Zulassung („conditional
marketing authorisation“) erteilt,38 die im Falle der ersten vier Impfstoffe bereits um ein Jahr verlängert wurde.39 Laut EG-Verordnung 507/200640 kann die EMA bedingte Zulassungen für
Arzneimittel erteilen, „obwohl keine umfassenden klinischen Daten über die Unbedenklichkeit und Wirksamkeit des Arzneimittels vorgelegt
wurden“.41 Dies ist für Arzneimittel möglich, „die in Krisensituationen
gegen eine Bedrohung der öffentlichen Gesundheit eingesetzt werden sollen“42, wenn damit eine
medizinische Versorgungslücke43 geschlossen werden kann, der Antragssteller voraussichtlich in der Lage
ist, die ausstehenden umfassenden klinischen Daten nachzuliefern, und insofern der Nutzen der sofortigen Verfügbarkeit des Arzneimittels das Risiko überwiegt, das aufgrund der vorhergesehenen Nachreichung zusätzlicher Daten besteht.44 Die Inhaber einer bedingt erteilten
Zulassung sind verpflichtet, ausstehende Studiendaten innerhalb
bestimmter Fristen, die das positive
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33
Artikel 5, 16(iv) und (v) Oviedo-Konvention und der
Explanatory Report – ETS 164 – Human Rights and Biomedicine (Convention), 4. April 1997, § 35; Art. 6 Abs. 2 UNESCO-Erklärung über Bioethik und Menschenrechte.
34
Siehe z.B. Nürnberger Kodex, Prinzip 1; Artikel 5
Oviedo-Konvention und der Explanatory Report, § 35.
35
Artikel 24 Zusatzprotokoll über Biomedizinische Forschung
zur Oviedo-Konvention; UN- Sondergesandter zum Recht
auf Gesundheit, Bericht zu informierter Einwilligung, § 35.
36
Artikel 5 Oviedo-Konvention; Artikel 6 Abs. 2 UNESCO-Erklärung über Bioethik und Menschenrechte; UN-Sondergesandter zum Recht auf Gesundheit, Bericht
zu informierter Einwilligung, § 28; siehe auch: John
Tasioulas/Effy Vayena, Getting human rights right in global health, The
Lancet 2015/385, S. 42 ff., S. 42, die auf ein Menschenrecht auf
Nichtteilnahme an medizinischen Experimenten hinweisen.
37
Artikel 16 Ziffer v Oviedo-Konvention; Explanatory Report – ETS 164, § 38; UN- Sondergesandter zum Recht auf
Gesundheit, Bericht zu informierter Einwilligung, § 35.
38
Siehe Überblick auf den Webseiten
der EMA: https://www.ema.europa.eu/en/human- regulatory/overview/public-health-threats/coronavirus-disease-covid-19/treatments-vaccines/covid- 19-vaccines
39
Siehe ebed.
40 ABl. L 92 vom 30.3.2006, S. 6.
41 Art. 4 Abs. 1 EG-VO 507/2006.
42 Art. 2 Abs. 2 EG-VO 507/2006.
43
Nach Art. 4 Abs. 2 EG-VO 507/2006 besteht eine
solche nur, wenn „für eine Erkrankung kein zufrieden stellendes Mittel zur Diagnose,
Vorbeugung oder Behandlung in der Gemeinschaft zugelassen ist oder, selbst wenn dies der Fall ist, das
betreffende Arzneimittel einen bedeutenden therapeutischen Nutzen
für die von dieser Erkrankung betroffenen Patienten mit sich bringt.
44
Art. 4 Abs, 1 Buchstabe a bis d EG-VO 507/2006.
Nutzen-Risiko-Verhältnis des Arzneimittels bestätigen, an
die EMA zu übermitteln.45 Für die
genannten bedingt zugelassenen COVID-19-Impfstoffe stehen weiterhin
zahlreiche Studiendaten aus. Laut den Dokumenten der EMA wird der Abschluss
der klinischen Studien
und damit der vollständigen Daten erst im Dezember 2023 bzw. Juli 2024 erwartet.46 Bereits der
Umstand, dass diese Studien noch andauern (!) verleiht den neuen Impfstoffen einen immer noch
experimentellen Charakter. Über den Umstand noch nicht abschließend geklärter Wirksamkeits- und Sicherheitsfragen,
insbesondere die denklogisch noch nicht bekannten Langzeitwirkungen, kann kein noch so intensives Bewerben der neuen Impfstoffe hinwegtäuschen. Mit Recht
sagte der jetzige Bundeskanzler Scholz im September
2021 ironisch: „Wir waren ja alle die Versuchskaninchen für diejenigen, die
bisher abgewartet haben.“47
Parallel dazu kann angemerkt werden, dass auch die Weltgesundheitsorganisation
(WHO), die zurzeit verfügbaren
Covid-19-Impfstoffe unter ihrer Emergency Use Listing Procedure (ELUP) ähnlich wie die EMA nur notfallbedingt (d.h. vorläufig) für die weltweite
Verabreichung „gelistet“ hat. Gleichzeitig werden sog. „realworld data“-Studien48 und andere Studien zur Wirksamkeit und Sicherheit im Rahmen der global ausgeführten Impfkampagnen noch über die kommenden
Jahre durchgeführt.49 Das vollständige Sicherheits- und Wirksamkeitsprofil der
„in Lichtgeschwindigkeit“50 – statt sonst binnen etwa 10 bis 15 Jahren – entwickelten, auf neuen genbasierten Technologien51 beruhenden
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45
Präambel Abs. 5 und Artikel
5 EG-VO 507/2006.
46
Siehe beispielsweise Produktinformation der EMR für Comirnaty
von BioNTech/Pfizer https://www.ema.europa.eu/en/documents/product-information/comirnaty-epar-product- information_en.pdf, S. 66.
47
So zitiert aus einem Radiointerview durch WELT: https://www.welt.de/regionales/nrw/ article233583534/Scholz-Waren-beim-Impfen-Versuchskaninchen-Gut-gegangen.html
48
Für eine Definition der Terminologie “real-world
data” siehe Amr Makady et al., What is real-
world data? A review of definitions based on literature and stakeholder
interviews, Value Health 2017/20 (7),
S. 858 ff. Im Kontext der COVID-19-Impfstoffe bezieht sich diese Terminologie
auf die Tatsache, dass die klinischen
Studien noch nicht abgeschlossen sind, sondern die Daten aus der „real world“ Verimpfung laufend evaluiert
werden. Siehe auch David Shasha et al., Real-world safety data for the Pfizer BNT162b2 SARS-CoV-2 vaccine: historical cohort study, Clinical
Microbiology and Infection
9/2021.
49
Siehe bspw.: WHO, Recommendation for an Emergency
Use Listing of Tozinameran Covid- 19
mRNA vaccine (nucleoside modified)) submitted by BioNTech Manufacturing GmbH,
26. Januar 2021; und WHO, Recommendation for an Emergency
Use Listing of Covid-19 mRNA vaccine (nucleoside modified)) submitted by
Moderna Biotech (Spain), 17. Mai 2021.
50
Siehe bspw. Fachartikel der Lancet Commission on COVID-19 Vaccines
and Therapeutics Task Force Members, Operation Warp
Speed: implications for global vaccine security, Lancet Global Health 9/2021, S. e1017 ff; und Karin Bok et al., Accelerated COVID-19 vaccine development: milestones, lessons, and prospects, Immunity
2021/54, S. 1636 ff. Normalerweise dauert die Entwicklung eines neuen Impfstoffs bis zur
regulären Zulassung zehn bis 15 Jahre (siehe: Michael Doulberis et al., Does COVID-19 vaccination warrant the
classical principle “ofelein i mi vlaptin”?,
Medicina 2021/57 (3), S.
253 ff., S. 257).
51
Bei den meisten vorläufig zugelassenen Impfstoffen
handelt es sich nicht um Impfstoffe im klassischen Sinne, sondern um eine genbasierte Immuntherapie. Bei dieser werden beliebige
Körperzellen genetisch so verändert, dass sie automatisch Spike-Proteine
produzieren, die für die Hülle des
SARS-CoV-2-Virus charakteristisch sind und gegen welche der menschliche Körper
dann Antikörper entwickeln soll. Dies
soll schwere Verläufe von COVID-19verhindern, nicht aber gegen das SARS-CoV-2-Virus immunisieren (siehe etwa:
Deborah Pushparajah et al., Advances in gene-based vaccine platforms to address the COVID-19 pandemic,
Advanced Drug Delivery
Reviews 2021/170, S.
COVID-19-Impfstoffe wird somit erst in einigen Jahren
bekannt sein. Selbst die WHO Ad Hoc Expert Group on the Next Steps for
Covid-19 Vaccine Evaluation bezeichnet die von der WHO gelisteten COVID-19-Impfstoffe als „investigative Impfstoffe“ (investigational vaccines).52
Hieraus folgt
offenkundig: Eine wie auch immer geartete Impfpflicht mit experimentellen Stoffen würde demnach jegliche Möglichkeit
der freiwilligen und informierten Zustimmung
zur Teilnahme an den laufenden
medizinischen Experimenten zur Wirksamkeit und Sicherheit
der COVID-19-Impfstoffe untergraben
und damit Artikel 7 UN-Zivilpakt verletzen. Auch andere Arten von (indirektem) Zwang, Druck und Anreizen zur
Teilnahme an wissenschaftlichen oder medizinischen Experimenten – wie etwa der Verlust
von Arbeitsplatz, Ausschluss von gesellschaftlichem und kulturellem Leben, von Bildungseinrichtungen etc. beispielsweise über 2G-Regelungen – sind nach den oben genannten Kriterien
unhaltbar und verletzen Artikel 7 UN-Zivilpakt.
2.
Recht auf körperliche und geistige
Unversehrtheit der EMRK und des UN-Zivilpaktes
Eine Impfpflicht würde zudem staatliche Verpflichtungen zur Achtung
des Rechts auf körperliche und geistige Unversehrtheit der Person verletzen.
Das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit
ergibt sich aus der EMRK und dem UN-Zivilpakt aus dem Recht auf Achtung
des Privatlebens53 sowie aus dem Verbot der Folter
oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung.54 Das
Recht auf körperliche und geistige
Unversehrtheit gewährt einer Person die ausschließliche Nutzung ihres Körpers und die Kontrolle darüber
und ist damit die Grundlage für selbstbestimmte Entwicklung und selbstbestimmtes Handeln des Einzelnen. Der EGMR
misst dem Recht auf körperliche und
geistige Unversehrtheit generell großes Gewicht in seiner Rechtsprechung bei, indem er die Freiheit,
über den eigenen
Körper zu verfügen, als einen grundlegenden
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113 ff.). Traditionell sind
Impfungen von der WHO als “administration of agent-specific, but safe, antigenic components that in vaccinated individuals can induce protective immunity
against the corresponding infectious agent” definiert (siehe: https://www.who.int/travel-advice/vaccines).
52
WHO Ad Hoc Expert Group on the Next Steps for
Covid-19 Vaccine Evaluation, Placebo- Controlled
trials of Covid-19 vaccines – Why we still need them, New England Journal
Medicine 2021/384, S. e2
(1) ff., S. e2 (1)–e2 (2).
53
Siehe zur dahingehenden Interpretation von Artikel 8
EMRK: Harris et al (hrsg), The Law of the European
Convention on Human Rights (OUP, 3. Auflage,
2014), S. 505, 519-22;
Jens Meyer- Ladewig, EMRK Handkommentar (Nomos, 3.
Auflage, 2011), S.196-197; Christoph Grabenwarter und Katharina Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention (C.H.
Beck, 5. Auflage, 2012), S. 230; und von
Artikel 17 UN-Zivilpakt: Paul Taylor, A Commentary on the International
Covenant on Civil and Political Rights (CUP, 2020), S. 478-428.
54
Siehe zur dahingehenden Interpretation von Artikel 3
EMRK: Harris et al. (Hrsg.), The Law of the
European Convention on Human Rights (OUP, 3. Auflage, 2014), S.239-40, 243-44,
257.; Christoph Grabenwarter und
Katharina Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention (C.H. Beck, 5. Auflage, 2012), S.
163; und von Artikel 7 UN-Zivilpakt: Paul Taylor, A Commentary on the International Covenant on Civil and Political Rights (CUP, 2020), S. 199-200,
202-205.
durch die EMRK geschützten Wert bezeichnet55 und
hervorgehoben hat, dass „der Körper einer Person den intimsten Aspekt des Privatlebens
betrifft.“56
Genau wie die Teilnahme an medizinischen oder
wissenschaftlichen Experimenten bedarf jeder Eingriff
in dieses Recht durch eine medizinische Behandlung der freiwilligen Einwilligung nach gründlicher Aufklärung.57
Die Aufklärung muss dieselben Anforderungen wie die oben genannten
für die Teilnahme an medizinischen oder wissenschaftlichen Experimenten erfüllen, wobei auch
alternative medizinische Behandlungsverfahren, deren Risiken und Nebenwirkungen sowie die Frage, was geschieht, wenn
eine Behandlung nicht stattfindet,
eruiert werden müssen.58 Auch hier ist es essenziell, dass die
Aufklärung ohne jegliche Art von
Zwang, Täuschung, Anreiz oder andere Art von Druck geschieht, um die Freiwilligkeit der Zustimmung zu
garantieren. Eine Impfpflicht, die Menschen dazu bringt, sich gegen ihren
Willen impfen zu lassen, ist mit diesen Erfordernissen nicht vereinbar.
Vordergründig könnte argumentiert werden, dass das Recht
auf körperliche und geistige Unversehrtheit im Gegensatz zum Folterverbot und dem Verbot grausamer, unmenschlicher und erniedrigender
Behandlung nicht absolut ist und daher nach Artikel 8 Abs. 2 EMRK und Artikel
17 Abs. 2 UN-Zivilpakt eingeschränkt werden kann. Solche Einschränkungen
sind allerdings nur erlaubt, wenn sie gesetzlich vorgesehen sind und zur Verfolgung eines in Artikel
8 Abs. 2 EMRK genannten
Ziel – etwa dem „Schutz
der Gesundheit“59 –
notwendig in einer demokratischen Gesellschaft (verhältnismäßig) sind.60 Zudem entscheidet der EGMR regelmäßig,
dass jeder Eingriff in das Recht auf körperliche Unversehrtheit über eine medizinische Zwangsbehandlung wegen des
hohen Stellenwertes des Schutzgutes einer starken Rechtfertigung bedarf, und dass der den Vertragsstaaten der
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55
Siehe bspw. EGMR, Pretty gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 2346/02, 29. April 2002, § 66;
K.A. und A.D. gegen Belgien, Nr. 42758/98 und 45558/99, 17. Februar 2005, § 83.
56
Siehe EGMR, Y.F.
gegen Türkei, Nr. 24209/94, 22. Juli 2003, § 33 (“a person’s body concerns the most intimate
aspect of private
life”); A.P., Garçon und Nicot gegen
Frankreich, Nr. 79885/12, 6. April 2017, §
123.
57
Siehe e.g. Entscheide des EGMR und des
UN-Menschenrechtsausschusses, die Verletzungen
wegen erzwungener Verabreichung von Medikamenten (EGMR, X gegen
Finnland, Nr. 34806/04, 3. Juli
2012); erzwungenen Urin-, Blut- oder HIV/AIDS-Tests (EGMR, R.S. gegen Ungarn,
Nr. 65290/14, 2. Juli 2019; EGMR,
M.A.K. und R.K. gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 45901/05, 23. März 2010;
UN Menschenrechtsauschuss, Andrea Vandom gegen Republik Korea, Beschwerde 2273/2013, Views angenommen am 10. August 2018, CCPR/C/123/D/2273/2013); erzwungenen gynäkologischen Untersuchungen
oder Sterilisationen (EGMR, Juhnke gegen Türkei, Nr. 52515/99, 13. Mai 2008, §§
81– 82; EGMR, V.C. gegen Slowakei, Nr. 18968/07, 8. November 2011); Zwang zur Fortsetzung nicht
lebensfähiger Schwangerschaften (UN-Menschenrechtssausschuss, K.N.LH
gegen Peru, Beschwerde Nr. 1153/2003,
Views angenommen am 24. Oktober 2005, CCPR/C/85/D/1153/2003, § 6.4; und Siobhan Whelan gegen Irland, Beschwerde Nr. 2425/2014, Views angenommen am 17. Juli 2017, CCPR/C/119/D/2425/2014, § 7.8) festgestellt haben. Siehe auch Grabenwarter/Pabel, S. 241.
58
Art. 5 Oviedo-Konvention und der Explanatory Report – ETS 164 – Human Rights and Biomedicine (Convention), 4. April 1997, § 35; Art. 6 UNESCO-Erklärung über Bioethik und Menschenrechte.
59
Artikel 8 Abs. 2 EMRK.
60
Generell zu den Einschränkungsmöglichkeiten einiger
der in der EMRK verbrieften Rechte: Grabenwarter/Pabel, S.122-129.
EMRK verbleibende Ermessensspielraum, ihre Einschränkungen
zu rechtfertigen, demnach eng ist.61
Angesichts der Tatsache, dass die zurzeit verfügbaren
Impfstoffe gegen COVID-19 weder Infektionen noch Ansteckungen verhindern,62
sondern allenfalls einige Zeit vor schweren Verläufen schützen
könnten,63 bleibt es unklar, wie eine Impfpflicht zum Schutz der öffentlichen Gesundheit beitragen soll, auch im Hinblick
auf die geringe Infektionssterblichkeitsrate („infection fatality rate“ (IFR)) von COVID-1964 und das Vorhandensein wirksamer alternativer Behandlungsmethoden.65
Spätestens aber bei der Frage nach
der Verhältnismäßigkeit muss ein schwerwiegender Eingriff in das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit
durch eine COVID-19-Impfpflicht klar als Verletzung dieses Rechts angesehen werden. Denn die zurzeit verfügbaren
Impfstoffe gegen COVID-19 können nicht als
„sicher“ bezeichnet werden. Mit Stand Anfang März 2022 finden sich beispielsweise Verdachtsmeldungen zu
25.158 Todesfällen im US-amerikanischen Vaccine Adverse Event Reporting System (VAERS)66 und zu
23.078 Todesfällen in der EudraVigilance- Database der EMA.67 Zudem offenbaren die Frühwarnsysteme eine große Anzahl
von in
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61
Siehe etwa A.P.,
Garçon und Nicot gegen Frankreich, Nr. 79885/12, 6. April 2017, §§ 121–123; Dubska
und Krejzova gegen die Tschechische Republik, Nr. 28859/11, 15. November
2016, § 178; und Hämäläinen gegen Finnland, Nr. 37359/09, 16. Juli
2014, §§ 68–69.
62
Siehe beispielsweise: Yair Goldberg et al., Waning immunity after the
BNT162b2 vaccine in Israel, New England Journal of Medicine
2021/385, S. e85 ff; Singanayaman A., Hakki S., Dunning J. et al., Community transmission and viral load
kinetics of the SARS-CoV-2 delta variant in vaccinated and unvaccinated individuals in the UK, The Lancet, 29. Oktober 2021, https://www.thelancet.com/journals/laninf/article/PIIS1473-3099(21)00648-4/fulltext; Carlos Franco-
Paredes, Transmissibility of SARS-CoV-2 among fully vaccinated
individuals, The Lancet, Januar 2022, https://www.thelancet.com/journals/laninf/article/PIIS1473-3099(21)00768-4/fulltext; S. V. Subramanian/Akhil
Kumar, Increases in
COVID19 are unrelated to levels of vaccination across 68 countries
and 2947 counties in the United States, European Journal of
Epidemiology, 30. September 2021.
63
Selbst dies geht allerdings nicht eindeutig aus der
Pfizer/BioNTech-Studie hervor. Die Studie resümiert:
“Excellent vaccine efficacy (preventing symptomatic COVID-19) was shown in
subjects without evidence of prior
SARS-Cov-2 infection (VE 95.0%; 95% CI: 90.3%, 97.6%), which was consistent across relevant subgroups. It is likely
that the vaccine also protects against severe COVID-19, though these events were rare in the study, and statistically certain conclusion cannot be drawn. It is presently
not known if the vaccine protects against asymptomatic infection, or its impact
on viral transmission. The duration of protection is not known.” (EMA/707383/2020
Corr.1, S. 97).
64
Die durchschnittliche IFR von Covid-19 liegt bei
0,15%, die sich für Personen unter 70 auf durchschnittlich
0,05% reduziert: John Ioannidis, Reconciling estimates of global spread and
infection fatality rates of COVID-19:
An overview of systematic evaluations, European Journal
of Clinical Investigation 2021/51 (5), S. 1 ff.
Zum Vergleich: die saisonale Grippe hat eine durchschnittliche IFR von 0,16%.
65
Pierre Kory et al., Review of the emerging evidence
demonstrating the efficacy
of Ivermectin in the
prophylaxis and treatment of COVID-19, American Journal of
Therapeutics 2021/28 (3), S. e299 ff;
Paul Marik / Pierre Kory, Ivermectin, a reanalysis of the data, American Journal of Therapeutics, 2021/28 (5), S. e579 ff.;
Peter McCullough, et al., Pathophysiological basis and rationale for early treatment of SARS-CoV-2
(COVID-19) infection, American Journal of Medicine 2021/134 (1), S. 16 ff; und Nurullah Okumus et al., Evaluation of the
effectiveness and safety of adding ivermectin to treatment in severe Covid-19 patients, BMC Infectious
Disease 2021/21, S. 411 ff.
66 Vaccine Adverse Event Reporting System (VAERS); aktuelle,
aufbereitete Daten unter: https://openvaers.com/covid-data.
67 EudraVigilance; in regelmäßigen Abständen
aktualisierte, aufbereitete Daten unter: https://www.impfnebenwirkungen.net/report.pdf.
Zusammenhang mit der Verabreichung von COVID-19-Impfstoffen aufgetretenen verschiedenartigsten Nebenwirkungen, darunter
zahlreiche schwerwiegende Nebenwirkungen.
3.
Recht auf Leben gemäß Artikel 2 EMRK und Artikel 6 UN-Zivilpakt
Wie dargelegt, führt die Impfung in einigen Fällen auch zum
Tod. Dies stellt eine Verletzung des Rechts auf Leben dar, welches
unter Artikel 2 EMRK und Artikel 6 UN-Zivilpakt geschützt ist. Staatliche
Tötungshandlungen verletzen das Recht auf Leben, wenn nicht einer der in Artikel 2 EMRK abschließend aufgelisteten
Ausnahmetatbestände vorliegt: die Vollstreckung
eines Todesurteils,68 die Verteidigung eines Menschen gegen
rechtswidrige Gewaltanwendung,69 die Tötung anlässlich einer rechtmäßigen Festnahme, die Fluchtverhinderung einer rechtmäßig festgehaltenen Person70 oder die Tötung zur Unterdrückung eines Aufstands.71 Andere Rechtfertigungen für staatliche Tötungshandlungen außerhalb dieser
Ausnahmetatbestände erlaubt Artikel 2 EMRK nicht. Zudem unterliegen letztere drei Tatbestände der zusätzlichen
Bedingung eines strengen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes
(„unbedingte Erforderlichkeit“).72 Weder greift einer der Ausnahmetatbestände noch werden die strengen Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erfüllt.
* * *
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68 Artikel 2(1), Satz 1
EMRK. Dieser Ausnahmetatbestand fällt für Deutschland mit der Ratifikation der Zusatzprotokolle
No.6 (1983) und No.13 (2002) zur EMRK allerdings weg.
69 Artikel 2(2)(a)
EMRK. 70 Artikel 2(2)(b) EMRK. 71 Artikel 2(2)(c)
EMRK.
72 Artikel 2(2), Satz 1, EMRK. („absolutely necessary“). EGMR, McCann gegen das Vereinigte Königreich, Nr 18984/91, 27. September 1995; Andronicou
und Constantinou gegen Zypern, Nr 25052/94, 9. Oktober
1997.