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sabato 16 aprile 2022

Obbligo vaccinale: è tentato omicidio

 

 

 

Stellungnahme

 

KRiStA Netzwerk Kritische Richter und Staatsanwälte n.e.V.

 

17. März 2022

 

zur öffentlichen Anhörung von Sachverständigen in Berlin am 21. März 2022, 10:00 bis 13:00 Uhr zum Thema „Impfpflicht“

 

a)  Entwurf eines Gesetzes zur Aufklärung, Beratung und Impfung aller Volljährigen gegen SARS-CoV-2 (SARSCovImpfG), BT-Drucksache 20/899,

b)   Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer verpflichtenden Impfberatung für Erwachsene und einer altersbezogenen Impfpflicht ab 50 Jahren unter Vorbehalt gegen das Coronavirus SARS-CoV-2, BT-Drucksache 20/954,

c)   Antrag „Impfvorsorgegesetz – Ein guter Schutz für unser Land“, BT-Drucksache 20/978,

d)  Antrag „Keine gesetzliche Impfpflicht gegen das COVID-19-Virus”, BT-Drucksache 20/516,

e)      Antrag „Impfbereitschaft ohne allgemeine Impfpflicht gegen SARS-CoV-2 erhöhen”, BT-Drucksache 20/680

 

* * *

 

Unvereinbarkeit der Impfpflicht mit den COVID-19-Impfstoffen mit dem Grundgesetz sowie mit bindendem Völkerrecht

Die Stellungnahme zeigt auf, dass die in den oben genannten Gesetzentwürfen bzw. in dem Antrag geplante Impfpflicht – sei es eine allgemeine oder eine auf Vorrat oder beschränkt auf bestimmte Altersgruppen – mit dem Grundgesetz und bindendem Völkerrecht nicht vereinbar ist. Bei dem festzustellenden Verstoß gegen des Grundgesetz wird der Schwerpunkt der Darstellung auf eine bislang wenig beachtete Problematik gelegt, nämlich auf den Umstand, dass der Staat mit einer Impfpflicht vorsätzlich Menschen tötet – wenn auch im Verhältnis zur Gesamtzahl der Impfungen in geringer Zahl. Dies ist mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes unvereinbar (I.). Im völkerrechtlichen Bereich werden Verstöße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention und den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte aufgezeigt (II.).


 

 

I.                   Verstoß gegen das Grundgesetz

 

1.                   Verstoß gegen das Recht auf Leben nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in Verbindung mit der Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG

 

Die Impfung verursacht unvermeidbar als Nebenwirkung auch den Tod von Menschen. Todesfälle sind mittlerweile zahlreich erfasst.1 Weitere Verdachtsmeldungen sind in ihrer Anzahl alarmierend. So verzeichnet das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) in seinem Sicherheitsbericht vom 7.2.2022 bis zum 31.12.2021 die Anzahl von 2.255 Verdachtsfallmeldungen über einen tödlichen Ausgang der Impfung.2 Kürzlich hat auch das Bundesverfassungsgericht diesen Umstand in seiner Entscheidung zur einrichtungsbezogenen Nachweispflicht anerkannt.3 Da von einer Impfpflicht Millionen von Menschen betroffen wären, die ausschließlich aufgrund der staatlichen Anordnung diesen medizinischen Eingriff an sich erdulden müssten, steht fest, dass allein wegen dieser Verpflichtung unter ihnen Todesfälle zu beklagen wären.

 

Aus rechtlicher Sicht auf den Punkt gebracht: Mit der Anordnung der Impfpflicht tötet der Staat vorsätzlich Menschen.

 

Juristisch ist es dabei ohne Bedeutung, dass zum Zeitpunkt der Anordnung noch nicht feststeht, wer als individualisierte Person hiervon betroffen sein wird. Im Übrigen in Bezug auf die ungleich größere Gruppe der allermeisten Menschen, die eine derartige Nebenwirkung nicht erleiden – handelt es sich um eine versuchte Tötung; denn es liegt zumindest Eventualvorsatz vor (dolus eventualis). Dieser ist dann gegeben, wenn der Handelnde den Tod eines Menschen – wenn auch fernliegend und unliebsam – für möglich hält, sich aber zur Erreichung eines anderen Zieles damit abfindet, indem er dennoch – hier in Form des Gesetzeserlasses handelt.4 Hier sind die Todeseintritte sogar nicht nur möglich, sondern statistisch sicher.

 

Diese dogmatische Bewertung ist bis hierhin (auf der Ebene des Tatbestandes des Totschlages nach § 212 StGB) in der Rechtsprechung Konsens, vorausgesetzt es handelte sich bei dem Anordnenden um einen Menschen. Der Umstand, dass es sich um „den Gesetzgeber“ oder den hierfür stimmenden Parlamentsabgeordneten handelt, lässt deren

 


1                     Beispielsweise schätzt der Heidelberger Pathologe Prof. Schirmacher aufgrund von ihm durchgeführten Obduktionen den Anteil der an der Impfung Verstorbenen bei den Verdachtsfällen auf 30-40 % (https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/126061/Heidelberger-Pathologe-pocht-auf- mehr-Obduktionen-von-Geimpften).

2                      Paul-Ehrlich-Institut,      Sicherheitsbericht,     Verdachtsfälle      von      Nebenwirkungen      und Impfkomplikationen nach Impfung zum Schutz vor COVID-19 seit Beginn der Impfkampagne am 27.12.2020 bis zum 31.12.2021, S. 9 (https://www.pei.de/SharedDocs/Downloads/DE/newsroom/ dossiers/sicherheitsberichte/sicherheitsbericht-27-12-20-bis-31-12-21.pdf? blob=publicationFile&v=5, abgerufen am 15.3.2022).

3                      BVerfG, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 10. Februar 2022 1 BvR 2649/21 –, juris Rn. 16.

4                      Vgl. z.B. MüKoStGB/Joecks/Kulhanek, 4. Aufl. 2020, StGB § 16 Rn. 59 m.w.N.


Handeln wegen ihrer im Grundgesetz verankerten Bindung an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) in einem noch bedeutsameren Licht erscheinen.

 

Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob Tötungen von Menschen gerechtfertigt sein könnten, um andere Rechtsgüter zu schützen. Diese grundlegende Fragestellung hat das Bundesverfassungsgericht in seinem wegweisenden Urteil zum Luftsicherheitsgesetz beantwortet. Hieraus ergibt sich, dass derartige Eingriffe mit dem Recht auf Leben nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in Verbindung mit der Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG nicht vereinbar sind.5

 

Mit diesem Urteil hatte das Bundesverfassungsgericht über eine Verfassungsbeschwerde entschieden, die sich gegen die Ermächtigung der Streitkräfte durch das Luftsicherheitsgesetz richtete, Luftfahrzeuge, die als Tatwaffe von Terroristen gegen das Leben von Menschen eingesetzt werden sollen, mit Waffengewalt abzuschießen. Bundestag und Bundesregierung hatten in diesem Verfahren das Gesetz verteidigt. Die Bundesregierung vertrat dabei die Auffassung, der Staat erfülle mit dem Luftsicherheitsgesetz seine Schutzpflicht gegenüber dem Leben. Träten das Lebensrecht des einen und das Lebensrecht des anderen zueinander in Konflikt, sei es Aufgabe des Gesetzgebers, Art und Umfang des Lebensschutzes zu bestimmen (sprich: gegebenenfalls auch über die Tötung von Menschen zu entscheiden). Die Bundesregierung vertrat die absurde Auffassung, die (unschuldigen) Insassen des von einem Abschuss betroffenen Flugzeuges würden in ihrer Menschenwürde geachtet.6 Konnte man diese Aussagen als Zeichen einer bedenklichen Erosion des Menschenwürdebegriffs verstehen, hat das Bundesverfassungsgericht dem seinerzeit eine klare Absage erteilt und festgehalten:7

 

„Eine solche Behandlung missachtet die Betroffenen als Subjekte mit Würde und unveräußerlichen Rechten. Sie werden dadurch, dass ihre Tötung als Mittel zur Rettung anderer benutzt wird, verdinglicht und zugleich entrechtlicht; indem über ihr Leben von Staats wegen einseitig verfügt wird, wird den als Opfern selbst schutzbedürftigen Flugzeuginsassen der Wert abgesprochen, der dem Menschen um seiner selbst willen zukommt.“

 

Aus diesen Grundsätzen folgt, dass eine Impfpflicht mit den gegenwärtig zugelassenen COVID-19-Impfstoffen mit dem Recht auf Leben nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in Verbindung mit der Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG unvereinbar ist.

 

Denn der bedeutsamste vom Gesetzgeber angeführte8 Zweck der Impfpflicht ist, andere Menschenleben zu schützen.9 Die Betroffenen aber werden in Bezug auf die Impfung als

 


5                      BVerfG, Urteil vom 15. Februar 2006 1 BvR 357/05 –, BVerfGE 115, 118-166.

6                      BVerfG, Urteil vom 15. Februar 2006 1 BvR 357/05 –, juris Rn. 54.

7                      BVerfG, Urt. vom 15. Februar 2006 1 BvR 357/05 –, juris Rn. 122.

8                      Im Folgenden wird unterstellt, dass die derzeit verfügbaren COVID-19-Impfstoffe überhaupt noch nennenswerten Fremdschutz gegen die vorherrschenden Virus-Varianten vermitteln eine Unterstellung, gegen die sich vielfältige Bedenken erheben, die aber nicht Gegenstand dieser primär juristischen Abhandlung sein soll.

9                       Regelmäßig wird auch der Zweck angeführt, eine „Überlastung des Gesundheitssystems“ zu vermeiden. Dabei handelt es sich im hier betrachteten Kontext nicht um einen legitimen Zweck im


Objekt behandelt. In ihnen wird lediglich eine Gefahr für andere Menschen gesehen, die es auszuschalten oder zu reduzieren gilt. Hierdurch werden die betroffenen Menschen verdinglicht und zugleich entrechtlicht, indem über ihr Leben durch den Staat einseitig verfügt wird. Dabei macht es keinen Unterschied, wenn nur eine geringe Anzahl der von der Impfpflicht betroffenen Menschen im Ergebnis zu Tode kommt. Denn jeder einzelne von ihnen ist Träger des Grundrechts, welches ihm final genommen wird.

 

Diesem zugrunde liegt die von Dürig begründete und vom Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung angewendete Objektformel“, wonach es der menschlichen Würde widerspricht, den Menschen – wie hier – zum bloßen Objekt staatlichen Handelns zu machen.10

 

Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass die Impfung auch dem Eigenschutz der Geimpften diene. Selbstredend nützt den betroffenen Grundrechtsträgern die Impfung nichts, denn ihnen wurde das Leben genommen. Abgesehen davon ist anerkannt, dass in unserer Gesellschaft jeder das Recht auf Eigengefährdung hat, bis hin zu einer Todesgefahr.11 So sind beispielsweise Risikosportarten, Rauchen, schlechte Ernährung und übermäßiger Stress erlaubt und gesundheitsförderndes Verhalten wie Bewegung an der frischen Luft wird nicht per Gesetz angeordnet. Letztlich ist es wegen der Absolutheit der Menschenwürde dem Staat auch versagt, die Anzahl der Menschenleben der von ihm Getöteten gegen die Anzahl der Menschenleben der möglicherweise vor dem Tod durch COVID-19 Geretteten aufzurechnen.

 

Anders hat das Bundesverfassungsgericht den Fall beurteilt, wenn sich in dem Flugzeug ausschließlich Angreifer befinden. Hierzu hat es festgestellt:12

 

„Wer, wie diejenigen, die ein Luftfahrzeug als Waffe zur Vernichtung menschlichen Lebens missbrauchen wollen, Rechtsgüter anderer rechtswidrig angreift, wird nicht als bloßes Objekt staatlichen Handelns in seiner Subjektqualität grundsätzlich in Frage gestellt […], wenn der Staat sich gegen den rechtswidrigen Angriff zur Wehr setzt und ihn in Erfüllung seiner Schutzpflicht gegenüber denen, deren Leben ausgelöscht werden soll, abzuwehren versucht. Es entspricht im Gegenteil gerade der Subjektstellung des Angreifers, wenn ihm die Folgen seines selbstbestimmten Verhaltens persönlich zugerechnet werden und er für das von ihm in Gang gesetzte Geschehen in Verantwortung genommen wird. Er wird daher in seinem Recht auf Achtung der auch ihm eigenen menschlichen Würde nicht beeinträchtigt.“

 

Dass bei der aktuell zu erlebenden rhetorischen Eskalation gegenüber nicht gegen COVID-19 geimpften Menschen in Politik und Gesellschaft diese bei der Frage des Inhalts ihres Würdeanspruchs nicht ansatzweise mit Terroristen gleichgesetzt werden können, bedarf


Sinne des Grundgesetzes, da „das Gesundheitssystem“ an sich hiervon nicht geschützt ist. Es kann immer nur insbesondere um den Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit gehen.

10                   Vgl. BVerfG, Urteil vom 21. Juni 1977 – 1 BvL 14/76 –, BVerfGE 45, 187, juris Rn. 145; BVerfG, Beschluss vom 16. Juli 1969 – 1 BvL 19/63 –, BVerfGE 27, 1, juris Rn. 20; BeckOK GG/Hillgruber, 50. Ed. 15.2.2022, GG Art. 1 Rn. 13 m.w.N.

11                    Vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 2011 1 BvR 2007/10 –, juris Rn. 17 m.w.N.

12                    BVerfG, Urt. vom 15. Februar 2006 1 BvR 357/05 –, juris Rn. 140.


keiner weiteren Begründung. Andernfalls wäre dies ein Zeichen des vollständigen Verlustes der Kategorie der Menschenwürde in der Pandemie.

 

Ergänzend: Bei den Betroffenen, bei denen es „nur“ zu schwerwiegenden, bleibenden gesundheitlichen Schädigungen und Behinderungen kommt, lässt sich mit guten Gründen ebenfalls eine Verletzung der Menschenwürde annehmen. Denn auch ihnen wird großes Leid zugefügt, um andere vor Erkrankung oder Tod zu schützen, womit sie ebenso zu Objekten staatlichen Handelns werden.

 

2.                  Weitere Verstöße gegen das Grundgesetz

 

Eine Impfpflicht verstößt gegen weitere Grundrechte, so unter anderem gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit in Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG, das Recht auf Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 4 Abs. 1, 2 GG), das Erziehungsrecht der Eltern (Art. 6 Abs. 2 GG), das Recht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG).

 

Hinsichtlich der für diese juristische Bewertung erforderlichen medizinischen, mikrobiologischen, epidemiologischen und statistischen Feststellungen wird verwiesen auf die fundierte und ausführliche Ausarbeitung der Gruppierung 7 Argumente“, eine Arbeitsgemeinschaft von 81 Wissenschaftlern, „Eine COVID-19-Impfpflicht ist verfassungswidrig“ vom 9. März 2022.13

 

Wegen der rechtlichen Ausführungen wird auf das kürzlich erschienene Gutachten von Prof. Dr. Dr. Boehme-Neßler Ist eine allgemeine Impfpflicht gegen das SARS-CoV-2 verfassungsgemäß?“ vom 13. März 2022 verwiesen.14 Zudem wird Bezug genommen auf das fundierte Gutachten von Prof. Dr. Murswiek, „Freiheitseinschränkungen für Ungeimpfte, Die Verfassungswidrigkeit des indirekten COVID-19-Impfzwangs“ vom 4. Oktober 2021, das auch ausführlich die zugrundeliegenden u.a. medizinischen und epidemiologischen Tatsachen einbezieht.15

 

II.                 Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (UN- Zivilpakt)

 

Eine wie auch immer geartete Impfpflicht mit den zurzeit in Deutschland verfügbaren Impfstoffen gegen COVID-19 verstößt gegen mehrere Artikel der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK)16 und des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (UN-Zivilpakt).17 Die Bundesrepublik Deutschland hat die EMRK am

 

13                    https://7argumente.de/

14                   https://individuelle- impfentscheidung.de/fileadmin/Downloads/Rechtsgutachten_Allgemeine_Impfpflicht_13.03.22.pdf

15                    https://impfentscheidung.online/wp-content/uploads/2021/10/Gutachten-Die- Verfassungswidrigkeit-des-indirekten-Corona-Impfzwangs.pdf

16                   Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK), ETS No. 005.

17                    International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR), United Nations Treaty Series (UNTS), Vol.999, S. 171.


5. Dezember 1952 ratifiziert, welche am 3. September 1953 in Kraft trat und über ein Zustimmungsgesetz ins deutsche Recht integriert wurde.18 Gleiches gilt für den UN- Zivilpakt, den die Bundesrepublik am 17. Dezember 1973 ratifiziert hat und der am 23. März 1976 in Kraft trat.19 Deutsches Recht muss in Übereinstimmung mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland, die sich sowohl aus der EMRK als auch dem UN-Zivilpakt ergeben, interpretiert und angewandt werden.20

 

Einige der Verletzungen werden im Folgenden behandelt: der Verstoß gegen das Verbot, die Teilnahme an medizinischen oder wissenschaftlichen Experimenten zu erzwingen (1.), Verletzungen des Rechts auf körperliche und geistige Unversehrtheit (2.) und Verletzungen des Rechts auf Leben (3.).

 

1.                   Verbot, die Teilnahme an medizinischen oder wissenschaftlichen Experimenten zu erzwingen, Artikel 7 Satz 1 des UN-Zivilpakts

 

Artikel 7 des UN-Zivilpakts beinhaltet in Satz 1 das Verbot der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung. In Satz 2 stellt der Artikel zudem explizit heraus: „Insbesondere darf niemand ohne seine freiwillige Zustimmung medizinischen oder wissenschaftlichen Experimenten unterworfen werden. Die Verfasser des UN- Zivilpakts fügten diesen Satz mit der Intention ein, um zu verhindern, dass sich

„Gräueltaten wie die in den Konzentrationslagern während des Zweiten Weltkriegs wiederholen,“21 und um durch diese spezifische Klarstellung die große Wichtigkeit des Verbots hervorzuheben, auch auf die Gefahr hin, dass sie das Verbot aus Satz 1 wiederholten, das implizit bereits ein Verbot der erzwungenen Teilnahme an medizinischen oder wissenschaftlichen Experimenten einschlösse.22

 

Der besondere Stellenwert der Verbote in Artikel 7 UN-Zivilpakt zeigt sich daran, dass sie absolut sind. Sie können also unter keinen Umständen eingeschränkt werden. Auch die Tatsache, dass Artikel 7 ein notstandsfester Artikel ist, gibt zusätzliches Gewicht.23 Das bedeutet, dass Vertragsstaaten selbst im Falle eines nach Artikel 4 UN-Zivilpakt amtlich ausgerufenen Notstands, der „das Leben der Nation bedroht“24 ihre Verpflichtungen aus Artikel 7 nicht außer Kraft setzen können. Sogar in Kriegszeiten gilt das Verbot, wie aus

 

 


18             BGBl 1952 II, S. 685.

19             BGBl 1973 II, S. 1533.

20                   BVerfGE 74, 358 (370), Entscheidung vom 26. März 1987; BVerfGE 111, 307 (317); BVerfGE 131, 286 (295).

21                    UN General Assembly, Official Records, Annotations on the text of the draft International Covenant on Civil and Political Rights, UN Doc A/2929, 1. Juli 1955, S. 31, § 14 (eigene Übersetzung). Original: ‘14. The second clause of the article was intended to prevent the recurrence of atrocities such as those committed in concentration camps during the Second World War. One opinion was that improper medical or scientific experimentation was implicitly prohibited in the first clause, but another view was that the text of that clause was not sufficiently precise to prevent such experiments. It was finally agreed that the matter was so important as to require a specific provision, even at the risk of repetition.’

22                   Ebed.

23                   Siehe Artikel 4 Abs. 2 UN-Zivilpakt. Parallel dazu auch: Artikel 15 Abs. 2 EMRK.

24                   Artikel 4 Abs. 1 UN-Zivilpakt.


zahlreichen völkervertrags- und gewohnheitsrechtlichen Bestimmungen des in bewaffneten Konflikten anwendbaren humanitären Völkerrechts hervorgeht.25

 

Das Verbot der zwangsweisen Teilnahme an medizinischen oder wissenschaftlichen Experimenten ist im verbindlichen Übereinkommen über Menschenrechte und Biomedizin (Oviedo-Konvention) des Europarats von 199726 und dessen Zusatzprotokoll Forschung von 200527 sowie in unverbindlichen internationalen Erklärungen wie beispielsweise der Allgemeinen Erklärung über Bioethik und Menschenrechte28 von 2005 sowie dem Nürnberger Kodex29 von 1947 näher ausgeführt und interpretiert. Letzteren haben insbesondere US-Gerichte als Teil des für alle Staaten verbindlichen Völkergewohnheitsrechts anerkannt.30

 

Um eine Verletzung von Artikel 7 UN-Zivilpakt zu vermeiden, erfordert die Teilnahme an wissenschaftlichen oder medizinischen Experimenten die freiwillige Einwilligung nach gründlicher Aufklärung.31 Insbesondere der erste Grundsatz des Nürnberger Kodex hebt hervor, dass die „freiwillige Zustimmung der Versuchsperson absolut unerlässlich“ für die Teilnahme an medizinischen oder wissenschaftlichen Experimenten ist.32 So muss jeder, der an so einem Experiment teilnimmt, zuvor in angemessener Weise über Zweck und Art des


25                   Artikel 12 und 50 Genfer Abkommen vom 12. August 1949 zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken der Streitkräfte im Felde (I. Genfer Abkommen), 75 UNTS 31; Artikel 12 und 51 Genfer Abkommen vom 12. August 1949 zur Verbesserung des Loses der Verwundeten, Kranken und Schiffbrüchigen der Streitkräfte zur See (II. Genfer Abkommen), 75 UNTS 85; Artikel 13 und 130 Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über die Behandlung der Kriegsgefangenen (III. Genfer Abkommen), 75 UNTS 135; Artikel 32 und 147 Genfer Abkommen vom 12. August 1949 zum Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten (IV. Genfer Abkommen), 75 UNTS 287; Artikel 11 Abs. 2 Buchstabe b Zusatzprotokoll I vom 8. Juni 1977 zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte (Protokoll I), 1125 UNTS 3; und Artikel 5 Zusatzprotokoll vom 8. Juni 1977 zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte (Protokoll II), 1125 UNTS 609; Regel 92, Datenbank des IKRK zu den Regeln des humanitären Völkergewohnheitsrechts.

26                   Übereinkommen über Menschenrechte und Biomedizin (Oviedo-Konvention), ETS 164, 1997. 29 der 47 Mitgliedstaaten des Europarats haben die Oviedo-Konvention ratifiziert, Deutschland indes bislang noch nicht.

27                   Zusatzprotokoll über Biomedizinische Forschung, CETS 195, 2005. (12 Ratifikationen; 11 Unterzeichnungen). Deutschland hat das Protokoll nicht ratifiziert.

28                   UNESCO, Allgemeine Erklärung über Bioethik und Menschenrechte, verabschiedet von der UNSECO Generalkonferenz am 19. Oktober 2005.

29                   Nürnberger Kodex (1947). Der Kodex ging aus dem Nürnberger Ärzteprozess des US- Militärgerichtshofs hervor und enthält 10 Prinzipien für die Durchführung medizinischer Experimente.

30                   Siehe z.B. Rabi Abdullahi et al. v. Pfizer, Inc., US Court of Appeals for the Second Circuit, 562 F.3d (2009); Grimes/Higgins v. Kennedy Krieger Institute, Maryland Court of Appeals, 366 Md 29; 782 A2d 807 (2001).

31                    Artikel 7 (Satz 2) UN-Zivilpakt; Artikel 16 Oviedo-Konvention; Art. 24 Zusatzprotokoll zur Oviedo-Konvention; Art. 6 (2) UNESCO-Erklärung über Bioethik und Menschenrechte; EGMR, Bataliny gegen Russland, Nr. 10060/07, 23. Juli 2015, § 90, in welchem der EGMR eine Verletzung von Artikel 3 EMRK feststellte, ausgelöst durch erzwungene Teilnahme (d.h. ohne freie und informierte Zustimmung) an Experimenten mit neuen antipsychotischen Medikamenten, die nicht für die allgemeine Anwendung zugelassen waren.

32                   Nürnberger Kodex, Prinzip I; UN-Sondergesandter zum Recht auf Gesundheit, Bericht zu informierter Einwilligung, A/64/272, 10. August 2009, § 35 (“Informed consent of participants is imperative for conducting medical research“).


Verfahrens sowie über dessen Folgen und Risiken informiert werden33 und darf dabei keiner Art von Zwang, Täuschung, Anreiz oder anderer Art von Druck ausgesetzt werden.34 Der Aufklärungsprozess sollte zudem ein kontinuierlicher sein, d.h. Teilnehmer an wissenschaftlichen oder medizinischen Experimenten sollten fortwährend über neue Risiken, mögliche negative Folgen und Unsicherheiten informiert werden.35 Freie Zustimmung beinhaltet auch das Recht, die Teilnahme an medizinischen Experimenten abzulehnen36 und die Einwilligung jederzeit zu widerrufen.37

 

Die zurzeit in Deutschland verfügbaren Impfstoffe gegen COVID-19 – von Pfizer/BioNTech (Corminaty), von Moderna (Spikevax), von AstraZeneca (Vaxzevria), von Johnson & Johnson (COVID-19 Vaccine Janssen) und von Novavax (Nuvavoxid) müssen als experimentell bezeichnet werden. Ihnen wurde von der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) nur eine bedingte Zulassung („conditional marketing authorisation“) erteilt,38 die im Falle der ersten vier Impfstoffe bereits um ein Jahr verlängert wurde.39 Laut EG-Verordnung 507/200640 kann die EMA bedingte Zulassungen für Arzneimittel erteilen, „obwohl keine umfassenden klinischen Daten über die Unbedenklichkeit und Wirksamkeit des Arzneimittels vorgelegt wurden“.41 Dies ist für Arzneimittel möglich, „die in Krisensituationen gegen eine Bedrohung der öffentlichen Gesundheit eingesetzt werden sollen“42, wenn damit eine medizinische Versorgungslücke43 geschlossen werden kann, der Antragssteller voraussichtlich in der Lage ist, die ausstehenden umfassenden klinischen Daten nachzuliefern, und insofern der Nutzen der sofortigen Verfügbarkeit des Arzneimittels das Risiko überwiegt, das aufgrund der vorhergesehenen Nachreichung zusätzlicher Daten besteht.44 Die Inhaber einer bedingt erteilten Zulassung sind verpflichtet, ausstehende Studiendaten innerhalb bestimmter Fristen, die das positive


33                   Artikel 5, 16(iv) und (v) Oviedo-Konvention und der Explanatory Report – ETS 164 – Human Rights and Biomedicine (Convention), 4. April 1997, § 35; Art. 6 Abs. 2 UNESCO-Erklärung über Bioethik und Menschenrechte.

34                   Siehe z.B. Nürnberger Kodex, Prinzip 1; Artikel 5 Oviedo-Konvention und der Explanatory Report, § 35.

35                   Artikel 24 Zusatzprotokoll über Biomedizinische Forschung zur Oviedo-Konvention; UN- Sondergesandter zum Recht auf Gesundheit, Bericht zu informierter Einwilligung, § 35.

36                   Artikel 5 Oviedo-Konvention; Artikel 6 Abs. 2 UNESCO-Erklärung über Bioethik und Menschenrechte; UN-Sondergesandter zum Recht auf Gesundheit, Bericht zu informierter Einwilligung, § 28; siehe auch: John Tasioulas/Effy Vayena, Getting human rights right in global health, The Lancet 2015/385, S. 42 ff., S. 42, die auf ein Menschenrecht auf Nichtteilnahme an medizinischen Experimenten hinweisen.

37                   Artikel 16 Ziffer v Oviedo-Konvention; Explanatory Report ETS 164, § 38; UN- Sondergesandter zum Recht auf Gesundheit, Bericht zu informierter Einwilligung, § 35.

38                   Siehe Überblick auf den Webseiten der EMA: https://www.ema.europa.eu/en/human- regulatory/overview/public-health-threats/coronavirus-disease-covid-19/treatments-vaccines/covid- 19-vaccines

39                   Siehe ebed.

40            ABl. L 92 vom 30.3.2006, S. 6.

41             Art. 4 Abs. 1 EG-VO 507/2006.

42            Art. 2 Abs. 2 EG-VO 507/2006.

43                   Nach Art. 4 Abs. 2 EG-VO 507/2006 besteht eine solche nur, wenn „für eine Erkrankung kein zufrieden stellendes Mittel zur Diagnose, Vorbeugung oder Behandlung in der Gemeinschaft zugelassen ist oder, selbst wenn dies der Fall ist, das betreffende Arzneimittel einen bedeutenden therapeutischen Nutzen für die von dieser Erkrankung betroffenen Patienten mit sich bringt.

44                  Art. 4 Abs, 1 Buchstabe a bis d EG-VO 507/2006.


Nutzen-Risiko-Verhältnis des Arzneimittels bestätigen, an die EMA zu übermitteln.45 Für die genannten bedingt zugelassenen COVID-19-Impfstoffe stehen weiterhin zahlreiche Studiendaten aus. Laut den Dokumenten der EMA wird der Abschluss der klinischen Studien und damit der vollständigen Daten erst im Dezember 2023 bzw. Juli 2024 erwartet.46 Bereits der Umstand, dass diese Studien noch andauern (!) verleiht den neuen Impfstoffen einen immer noch experimentellen Charakter. Über den Umstand noch nicht abschließend geklärter Wirksamkeits- und Sicherheitsfragen, insbesondere die denklogisch noch nicht bekannten Langzeitwirkungen, kann kein noch so intensives Bewerben der neuen Impfstoffe hinwegtäuschen. Mit Recht sagte der jetzige Bundeskanzler Scholz im September 2021 ironisch: „Wir waren ja alle die Versuchskaninchen für diejenigen, die bisher abgewartet haben.“47

 

Parallel dazu kann angemerkt werden, dass auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die zurzeit verfügbaren Covid-19-Impfstoffe unter ihrer Emergency Use Listing Procedure (ELUP) ähnlich wie die EMA nur notfallbedingt (d.h. vorläufig) für die weltweite Verabreichung „gelistet“ hat. Gleichzeitig werden sog. „realworld data“-Studien48 und andere Studien zur Wirksamkeit und Sicherheit im Rahmen der global ausgeführten Impfkampagnen noch über die kommenden Jahre durchgeführt.49 Das vollständige Sicherheits- und Wirksamkeitsprofil der „in Lichtgeschwindigkeit“50 – statt sonst binnen etwa 10 bis 15 Jahren entwickelten, auf neuen genbasierten Technologien51 beruhenden


45                   Präambel Abs. 5 und Artikel 5 EG-VO 507/2006.

46                 Siehe beispielsweise Produktinformation der EMR für Comirnaty von BioNTech/Pfizer https://www.ema.europa.eu/en/documents/product-information/comirnaty-epar-product- information_en.pdf, S. 66.

47                   So zitiert aus einem Radiointerview durch WELT: https://www.welt.de/regionales/nrw/ article233583534/Scholz-Waren-beim-Impfen-Versuchskaninchen-Gut-gegangen.html

48                  Für eine Definition der Terminologie “real-world data” siehe Amr Makady et al., What is real- world data? A review of definitions based on literature and stakeholder interviews, Value Health 2017/20 (7), S. 858 ff. Im Kontext der COVID-19-Impfstoffe bezieht sich diese Terminologie auf die Tatsache, dass die klinischen Studien noch nicht abgeschlossen sind, sondern die Daten aus der „real world“ Verimpfung laufend evaluiert werden. Siehe auch David Shasha et al., Real-world safety data for the Pfizer BNT162b2 SARS-CoV-2 vaccine: historical cohort study, Clinical Microbiology and Infection 9/2021.

49                  Siehe bspw.: WHO, Recommendation for an Emergency Use Listing of Tozinameran Covid- 19 mRNA vaccine (nucleoside modified)) submitted by BioNTech Manufacturing GmbH, 26. Januar 2021; und WHO, Recommendation for an Emergency Use Listing of Covid-19 mRNA vaccine (nucleoside modified)) submitted by Moderna Biotech (Spain), 17. Mai 2021.

50                   Siehe bspw. Fachartikel der Lancet Commission on COVID-19 Vaccines and Therapeutics Task Force Members, Operation Warp Speed: implications for global vaccine security, Lancet Global Health 9/2021, S. e1017 ff; und Karin Bok et al., Accelerated COVID-19 vaccine development: milestones, lessons, and prospects, Immunity 2021/54, S. 1636 ff. Normalerweise dauert die Entwicklung eines neuen Impfstoffs bis zur regulären Zulassung zehn bis 15 Jahre (siehe: Michael Doulberis et al., Does COVID-19 vaccination warrant the classical principle “ofelein i mi vlaptin”?, Medicina 2021/57 (3), S. 253 ff., S. 257).

51                    Bei den meisten vorläufig zugelassenen Impfstoffen handelt es sich nicht um Impfstoffe im klassischen Sinne, sondern um eine genbasierte Immuntherapie. Bei dieser werden beliebige Körperzellen genetisch so verändert, dass sie automatisch Spike-Proteine produzieren, die für die Hülle des SARS-CoV-2-Virus charakteristisch sind und gegen welche der menschliche Körper dann Antikörper entwickeln soll. Dies soll schwere Verläufe von COVID-19verhindern, nicht aber gegen das SARS-CoV-2-Virus immunisieren (siehe etwa: Deborah Pushparajah et al., Advances in gene-based vaccine platforms to address the COVID-19 pandemic, Advanced Drug Delivery Reviews 2021/170, S.


COVID-19-Impfstoffe wird somit erst in einigen Jahren bekannt sein. Selbst die WHO Ad Hoc Expert Group on the Next Steps for Covid-19 Vaccine Evaluation bezeichnet die von der WHO gelisteten COVID-19-Impfstoffe als „investigative Impfstoffe“ (investigational vaccines).52

 

Hieraus folgt offenkundig: Eine wie auch immer geartete Impfpflicht mit experimentellen Stoffen würde demnach jegliche Möglichkeit der freiwilligen und informierten Zustimmung zur Teilnahme an den laufenden medizinischen Experimenten zur Wirksamkeit und Sicherheit der COVID-19-Impfstoffe untergraben und damit Artikel 7 UN-Zivilpakt verletzen. Auch andere Arten von (indirektem) Zwang, Druck und Anreizen zur Teilnahme an wissenschaftlichen oder medizinischen Experimenten wie etwa der Verlust von Arbeitsplatz, Ausschluss von gesellschaftlichem und kulturellem Leben, von Bildungseinrichtungen etc. beispielsweise über 2G-Regelungen sind nach den oben genannten Kriterien unhaltbar und verletzen Artikel 7 UN-Zivilpakt.

 

2.                  Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit der EMRK und des UN-Zivilpaktes

 

Eine Impfpflicht würde zudem staatliche Verpflichtungen zur Achtung des Rechts auf körperliche und geistige Unversehrtheit der Person verletzen.

 

Das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit ergibt sich aus der EMRK und dem UN-Zivilpakt aus dem Recht auf Achtung des Privatlebens53 sowie aus dem Verbot der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung.54 Das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit gewährt einer Person die ausschließliche Nutzung ihres Körpers und die Kontrolle darüber und ist damit die Grundlage für selbstbestimmte Entwicklung und selbstbestimmtes Handeln des Einzelnen. Der EGMR misst dem Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit generell großes Gewicht in seiner Rechtsprechung bei, indem er die Freiheit, über den eigenen Körper zu verfügen, als einen grundlegenden

 

 

 

 

 


113 ff.). Traditionell sind Impfungen von der WHO als “administration of agent-specific, but safe, antigenic components that in vaccinated individuals can induce protective immunity against the corresponding infectious agent” definiert (siehe: https://www.who.int/travel-advice/vaccines).

52                   WHO Ad Hoc Expert Group on the Next Steps for Covid-19 Vaccine Evaluation, Placebo- Controlled trials of Covid-19 vaccines – Why we still need them, New England Journal Medicine 2021/384, S. e2 (1) ff., S. e2 (1)–e2 (2).

53                   Siehe zur dahingehenden Interpretation von Artikel 8 EMRK: Harris et al (hrsg), The Law of the European Convention on Human Rights (OUP, 3. Auflage, 2014), S. 505, 519-22; Jens Meyer- Ladewig, EMRK Handkommentar (Nomos, 3. Auflage, 2011), S.196-197; Christoph Grabenwarter und Katharina Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention (C.H. Beck, 5. Auflage, 2012), S. 230; und von Artikel 17 UN-Zivilpakt: Paul Taylor, A Commentary on the International Covenant on Civil and Political Rights (CUP, 2020), S. 478-428.

54                   Siehe zur dahingehenden Interpretation von Artikel 3 EMRK: Harris et al. (Hrsg.), The Law of the European Convention on Human Rights (OUP, 3. Auflage, 2014), S.239-40, 243-44, 257.; Christoph Grabenwarter und Katharina Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention (C.H. Beck, 5. Auflage, 2012), S. 163; und von Artikel 7 UN-Zivilpakt: Paul Taylor, A Commentary on the International Covenant on Civil and Political Rights (CUP, 2020), S. 199-200, 202-205.


durch die EMRK geschützten Wert bezeichnet55 und hervorgehoben hat, dass „der Körper einer Person den intimsten Aspekt des Privatlebens betrifft.“56

 

Genau wie die Teilnahme an medizinischen oder wissenschaftlichen Experimenten bedarf jeder Eingriff in dieses Recht durch eine medizinische Behandlung der freiwilligen Einwilligung nach gründlicher Aufklärung.57 Die Aufklärung muss dieselben Anforderungen wie die oben genannten für die Teilnahme an medizinischen oder wissenschaftlichen Experimenten erfüllen, wobei auch alternative medizinische Behandlungsverfahren, deren Risiken und Nebenwirkungen sowie die Frage, was geschieht, wenn eine Behandlung nicht stattfindet, eruiert werden müssen.58 Auch hier ist es essenziell, dass die Aufklärung ohne jegliche Art von Zwang, Täuschung, Anreiz oder andere Art von Druck geschieht, um die Freiwilligkeit der Zustimmung zu garantieren. Eine Impfpflicht, die Menschen dazu bringt, sich gegen ihren Willen impfen zu lassen, ist mit diesen Erfordernissen nicht vereinbar.

 

Vordergründig könnte argumentiert werden, dass das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit im Gegensatz zum Folterverbot und dem Verbot grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung nicht absolut ist und daher nach Artikel 8 Abs. 2 EMRK und Artikel 17 Abs. 2 UN-Zivilpakt eingeschränkt werden kann. Solche Einschränkungen sind allerdings nur erlaubt, wenn sie gesetzlich vorgesehen sind und zur Verfolgung eines in Artikel 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziel etwa dem „Schutz der Gesundheit“59 – notwendig in einer demokratischen Gesellschaft (verhältnismäßig) sind.60 Zudem entscheidet der EGMR regelmäßig, dass jeder Eingriff in das Recht auf körperliche Unversehrtheit über eine medizinische Zwangsbehandlung wegen des hohen Stellenwertes des Schutzgutes einer starken Rechtfertigung bedarf, und dass der den Vertragsstaaten der

 

 

 

 


55                   Siehe bspw. EGMR, Pretty gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 2346/02, 29. April 2002, § 66;

K.A. und A.D. gegen Belgien, Nr. 42758/98 und 45558/99, 17. Februar 2005, § 83.

56                   Siehe EGMR, Y.F. gegen Türkei, Nr. 24209/94, 22. Juli 2003, § 33 (“a person’s body concerns the most intimate aspect of private life”); A.P., Garçon und Nicot gegen Frankreich, Nr. 79885/12, 6. April 2017, § 123.

57                   Siehe e.g. Entscheide des EGMR und des UN-Menschenrechtsausschusses, die Verletzungen wegen erzwungener Verabreichung von Medikamenten (EGMR, X gegen Finnland, Nr. 34806/04, 3. Juli 2012); erzwungenen Urin-, Blut- oder HIV/AIDS-Tests (EGMR, R.S. gegen Ungarn, Nr. 65290/14, 2. Juli 2019; EGMR, M.A.K. und R.K. gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 45901/05, 23. März 2010; UN Menschenrechtsauschuss, Andrea Vandom gegen Republik Korea, Beschwerde 2273/2013, Views angenommen am 10. August 2018, CCPR/C/123/D/2273/2013); erzwungenen gynäkologischen Untersuchungen oder Sterilisationen (EGMR, Juhnke gegen Türkei, Nr. 52515/99, 13. Mai 2008, §§ 81– 82; EGMR, V.C. gegen Slowakei, Nr. 18968/07, 8. November 2011); Zwang zur Fortsetzung nicht lebensfähiger Schwangerschaften (UN-Menschenrechtssausschuss, K.N.LH gegen Peru, Beschwerde Nr. 1153/2003, Views angenommen am 24. Oktober 2005, CCPR/C/85/D/1153/2003, § 6.4; und Siobhan Whelan gegen Irland, Beschwerde Nr. 2425/2014, Views angenommen am 17. Juli 2017, CCPR/C/119/D/2425/2014, § 7.8) festgestellt haben. Siehe auch Grabenwarter/Pabel, S. 241.

58                   Art. 5 Oviedo-Konvention und der Explanatory Report ETS 164 Human Rights and Biomedicine (Convention), 4. April 1997, § 35; Art. 6 UNESCO-Erklärung über Bioethik und Menschenrechte.

59                   Artikel 8 Abs. 2 EMRK.

60                  Generell zu den Einschränkungsmöglichkeiten einiger der in der EMRK verbrieften Rechte: Grabenwarter/Pabel, S.122-129.


EMRK verbleibende Ermessensspielraum, ihre Einschränkungen zu rechtfertigen, demnach eng ist.61

 

Angesichts der Tatsache, dass die zurzeit verfügbaren Impfstoffe gegen COVID-19 weder Infektionen noch Ansteckungen verhindern,62 sondern allenfalls einige Zeit vor schweren Verläufen schützen könnten,63 bleibt es unklar, wie eine Impfpflicht zum Schutz der öffentlichen Gesundheit beitragen soll, auch im Hinblick auf die geringe Infektionssterblichkeitsrate („infection fatality rate“ (IFR)) von COVID-1964 und das Vorhandensein wirksamer alternativer Behandlungsmethoden.65 Spätestens aber bei der Frage nach der Verhältnismäßigkeit muss ein schwerwiegender Eingriff in das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit durch eine COVID-19-Impfpflicht klar als Verletzung dieses Rechts angesehen werden. Denn die zurzeit verfügbaren Impfstoffe gegen COVID-19 können nicht als „sicher“ bezeichnet werden. Mit Stand Anfang März 2022 finden sich beispielsweise Verdachtsmeldungen zu 25.158 Todesfällen im US-amerikanischen Vaccine Adverse Event Reporting System (VAERS)66 und zu 23.078 Todesfällen in der EudraVigilance- Database der EMA.67 Zudem offenbaren die Frühwarnsysteme eine große Anzahl von in


61                   Siehe etwa A.P., Garçon und Nicot gegen Frankreich, Nr. 79885/12, 6. April 2017, §§ 121–123; Dubska und Krejzova gegen die Tschechische Republik, Nr. 28859/11, 15. November 2016, § 178; und Hämäläinen gegen Finnland, Nr. 37359/09, 16. Juli 2014, §§ 68–69.

62                     Siehe beispielsweise: Yair Goldberg et al., Waning immunity after the BNT162b2 vaccine in Israel, New England Journal of Medicine 2021/385, S. e85 ff; Singanayaman A., Hakki S., Dunning J. et al., Community transmission and viral load kinetics of the SARS-CoV-2 delta variant in vaccinated and unvaccinated individuals in the UK, The Lancet, 29. Oktober 2021, https://www.thelancet.com/journals/laninf/article/PIIS1473-3099(21)00648-4/fulltext; Carlos Franco- Paredes, Transmissibility of SARS-CoV-2 among fully vaccinated individuals, The Lancet, Januar 2022, https://www.thelancet.com/journals/laninf/article/PIIS1473-3099(21)00768-4/fulltext;                  S. V. Subramanian/Akhil Kumar, Increases in COVID19 are unrelated to levels of vaccination across 68 countries and 2947 counties in the United States, European Journal of Epidemiology, 30. September 2021.

63                   Selbst dies geht allerdings nicht eindeutig aus der Pfizer/BioNTech-Studie hervor. Die Studie resümiert: “Excellent vaccine efficacy (preventing symptomatic COVID-19) was shown in subjects without evidence of prior SARS-Cov-2 infection (VE 95.0%; 95% CI: 90.3%, 97.6%), which was consistent across relevant subgroups. It is likely that the vaccine also protects against severe COVID-19, though these events were rare in the study, and statistically certain conclusion cannot be drawn. It is presently not known if the vaccine protects against asymptomatic infection, or its impact on viral transmission. The duration of protection is not known.” (EMA/707383/2020 Corr.1, S. 97).

64                  Die durchschnittliche IFR von Covid-19 liegt bei 0,15%, die sich für Personen unter 70 auf durchschnittlich 0,05% reduziert: John Ioannidis, Reconciling estimates of global spread and infection fatality rates of COVID-19: An overview of systematic evaluations, European Journal of Clinical Investigation 2021/51 (5), S. 1 ff. Zum Vergleich: die saisonale Grippe hat eine durchschnittliche IFR von 0,16%.

65                 Pierre Kory et al., Review of the emerging evidence demonstrating the efficacy of Ivermectin in the prophylaxis and treatment of COVID-19, American Journal of Therapeutics 2021/28 (3), S. e299 ff; Paul Marik / Pierre Kory, Ivermectin, a reanalysis of the data, American Journal of Therapeutics, 2021/28 (5), S. e579 ff.; Peter McCullough, et al., Pathophysiological basis and rationale for early treatment of SARS-CoV-2 (COVID-19) infection, American Journal of Medicine 2021/134 (1), S. 16 ff; und Nurullah Okumus et al., Evaluation of the effectiveness and safety of adding ivermectin to treatment in severe Covid-19 patients, BMC Infectious Disease 2021/21, S. 411 ff.

66     Vaccine Adverse Event Reporting System (VAERS); aktuelle, aufbereitete Daten unter: https://openvaers.com/covid-data.

67       EudraVigilance; in regelmäßigen Abständen aktualisierte, aufbereitete Daten unter: https://www.impfnebenwirkungen.net/report.pdf.


Zusammenhang mit der Verabreichung von COVID-19-Impfstoffen aufgetretenen verschiedenartigsten Nebenwirkungen, darunter zahlreiche schwerwiegende Nebenwirkungen.

 

3.                  Recht auf Leben gemäß Artikel 2 EMRK und Artikel 6 UN-Zivilpakt

 

Wie dargelegt, führt die Impfung in einigen Fällen auch zum Tod. Dies stellt eine Verletzung des Rechts auf Leben dar, welches unter Artikel 2 EMRK und Artikel 6 UN-Zivilpakt geschützt ist. Staatliche Tötungshandlungen verletzen das Recht auf Leben, wenn nicht einer der in Artikel 2 EMRK abschließend aufgelisteten Ausnahmetatbestände vorliegt: die Vollstreckung eines Todesurteils,68 die Verteidigung eines Menschen gegen rechtswidrige Gewaltanwendung,69 die Tötung anlässlich einer rechtmäßigen Festnahme, die Fluchtverhinderung einer rechtmäßig festgehaltenen Person70 oder die Tötung zur Unterdrückung eines Aufstands.71 Andere Rechtfertigungen für staatliche Tötungshandlungen außerhalb dieser Ausnahmetatbestände erlaubt Artikel 2 EMRK nicht. Zudem unterliegen letztere drei Tatbestände der zusätzlichen Bedingung eines strengen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes („unbedingte Erforderlichkeit“).72 Weder greift einer der Ausnahmetatbestände noch werden die strengen Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erfüllt.

 

 

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68   Artikel 2(1), Satz 1 EMRK. Dieser Ausnahmetatbestand fällt für Deutschland mit der Ratifikation der Zusatzprotokolle No.6 (1983) und No.13 (2002) zur EMRK allerdings weg.

69  Artikel 2(2)(a) EMRK. 70 Artikel 2(2)(b) EMRK. 71 Artikel 2(2)(c) EMRK.

72 Artikel 2(2), Satz 1, EMRK. („absolutely necessary“). EGMR, McCann gegen das Vereinigte Königreich, Nr 18984/91, 27. September 1995; Andronicou und Constantinou gegen Zypern, Nr 25052/94, 9. Oktober 1997.